„Altweibersommer“ – Hand aufs Herz, was kommt Ihnen spontan in den Sinn, wenn Sie diesen Ausdruck hören? Geht es Ihnen wie mir? „Weiber“, was für ein frauenfeindlicher Ausdruck. Aber er klingt gleichzeitig sehr altertümlich und deshalb gehen wir Frauen lachend darüber hinweg, könnte man jedenfalls meinen. Nicht alle sind jedoch dazu imstande.

Eine 78 jährige Darmstädterin fand diesen Begriff in den Lokalmedien derart diskriminierend gegen Geschlecht und ihr Alter, dass sie 1989 dagegen eine Klage einreichte. Sie hatte keinen Erfolg. Das Landgericht befand, der “Altweibersommer“ dürfe seinen Namen behalten. Die Begründung war, dass der Begriff aus einer Zeit stamme, in der die beleidigte Klägerin noch gar nicht geboren war und bei dessen Verwendung keine Persönlichkeitsrechte älterer Damen verletzt würden.

Woher stammt der Ausdruck „Altweibersommer“?
Mitte September bis Mitte Oktober wird unser Wetter oft durch ein Festlandhoch über Osteuropa bestimmt. In Wetterstatistiken ist dieses Wetterphänomen seit rund 200 Jahren nachweislich festgehalten. Dieses Hoch erlaubt eine wunderbar gute Fernsicht. Es färbt das Laub schön und lässt uns kurzzeitig fühlen, als ob der Sommer nochmals zurückkehren würde, denn es bringt trockene Luft nach Mitteleuropa.

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Auf dem Schächentaler Höhenweg bei Urigen. (Kt. Uri) Der Blick geht Richtung Klausenpass.

Doch warum wird diese Schönwetterperiode „Altweibersommer“ genannt? Wenn Spinnen ihre Netze knüpfen, so nannte man das altdeutsch „weiben“ (entspricht dem heutigen „weben“). Der laue Wind des Hochdruckphänomens lässt Spinnen an ihren zarten Fäden durch die Luft fliegen und besonders weitflächige Netze bauen. Die Nächte im Frühherbst sind kühl und bilden Tau. In klaren Nächten sind taubenetzte Spinnweben besonders gut zu erkennen. Diese glitzernden Fäden erinnerten unsere Vorfahren an lange, silbergraue Haare älterer Frauen. Damals war Weib noch kein Schimpfwort für Damen. „Alt“ ist in diesem Zusammenhang mit «spät» gleich zu setzen. Der Altweibersommer ist demnach der Spätsommer oder Nachsommer. So kam es im 19. Jahrhundert dazu, dass der Frühling „Junger Weibersommer“ und der Herbst entsprechend „Alter Weibersommer“ genannt wurde.

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Auf dem Bürgenstock, Kanton Nidwalden

Ist der „Indian Summer“ dasselbe wie der „Altweibersommer“?

In anderen Ländern werden im Frühherbst ähnliche Wetterphänomene wie bei uns beobachtet. In Amerika heißen diese Tage “Indian Summer“ (Indianer-Sommer). Wer denkt dabei nicht sofort an Bilder von prächtig gefärbten Laubbaumwälder Kanadas! Die Herkunft dieses Begriffes ist umstritten. Eine mögliche Deutung sagt, „Indian Summer“ erinnere daran, wie die Weissen nach Westen zogen und indianische Gebiete zu erobern begannen. Manchmal wussten sich Ureinwohner nicht anders zu wehren, als dass sie Zugeständnisse machten, welche sie nie wirklich einzuhalten gedachten. Die Weissen warfen ihnen vor, Geschenke nur in heuchlerischer Absicht zu übergeben. Deshalb wurden diese Tage im Frühherbst, welche ausgaben, sie seien wie der Sommer, gleichgesetzt mit dem, was die Pioniere als „indianische Mogelpackung“ empfanden. Die Tage mögen warm sein, die Nächte sind aber oft bereits empfindlich kalt. Wir wissen es, der Spätsommer ist ein letztes Aufbäumen vor dem unaufhaltsamen, kälteren Herbst. Doch nichts desto trotz, lasst uns diese Tage geniessen!

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Auf der Wanderung in der Aaschlucht ab Engelberg

Zu diesem Thema habe ich mich gewagt, etwas zu dichten. 😉

Sind die Tage im September erstaunlich warm,

webt die Spinne ihr Netz mit silbrigem Garn,

färbt das Laub der Bäume sich herrlich schön

und die Weitsicht in den Bergen ist klar dank Föhn,

dann nennt man das hierzulande Altweibersommer

und in Amerika ist es der Indian Summer.

Regula Aeppli

 

Altwiber und Indian Summer, isch das s gliche?

Ja, das isch denn, wenn dä Summer nid wett wiche

und es Hochdruckgebiät tuet schalte und walte.

Das isch sitt 200 Jahr i dä Schtatistike feschtghalte.

Diä Tag sind im Septämber, Oktober gläge.

Ich meinti, uf ihne liggt ä bsundrige Säge.

Denn diä Tag sind warm, s Laub bunt, d Sicht wyt.

Aber s isch halt glich so: bald chunnt ä chalti Zyt.

Regula Aeppli

 

Bauernregeln:

September warm und klar, verheißt ein gutes nächstes Jahr.

Wenn im September viele Spinnen kriechen, sie einen harten Winter riechen.

Ist der Oktober warm und fein, kommt ein scharfer Winter drein. Ist er aber nass und kühl, mild der Winter werden will.

Warmer Oktober bringt fürwahr, stets einen kalten Februar.

Hilft der Oktober nicht mit Sonne, hat der Winzer keine Wonne.

 

P.S. Dieser Artikel habe ich für den Nidwaldner Blitz verfasst. Er erschien zusammen mit diesen, meinen Fotos am 22. September 2016.