Ich gebe es zu: ich habe gehofft, es würde regnen. Deshalb war dann wohl das Wetter am Sonntag, 21. August schlechter, als es meteo.ch versprochen hatte. Dieses verkündete nämlich am Tag zuvor, dass am Sonntagvormittag noch Restbewölkung vorhanden sein werde. Sie sollte sich im Verlauf des Tages restlos auflösen und sowieso würde es am Sonntag trocken sein. So sah es denn auch aus, als wir uns mit zwei Autos, zwei Schlauchbooten und 5 Personen auf den Weg nach Gisikon machten. In Ebikon schien noch die Sonne – in Gisikon regnete es wie aus Kübeln und die dicke, dunkle Wolke hing schwer drohend über uns. Doch 4/5 von uns liessen sich nicht beirren und der letzte Fünftel murmelte was von: „Morgen gibt es eine schöne Schlagzeile bei 20 Minuten – Leichtfertige wagten sich trotz Schlechtwetter auf die Reuss und bezahlten es leider mit dem Leben.“ Doch auch dieses Fünftel beugte sich der Mehrheit – und es war nicht ich, obwohl ich wie gesagt, auf Regen hoffte. Denn ich bin nicht besonders abenteuerlustig und auch ich beugte mich bloss den Wünschen der Familie und wollte keine Spielverderberin sein. Diese Wünsche lauteten: auf der Reuss zu „böötlen“. Das erste und letzte Mal, als ich eine Schlauchbootfahrt auf der Reuss erlebte, lag rund 30 Jahre zurück. Wir wagten dieses Abenteuer mit der Jugendgruppe der Markuskirche Luzern – und alles ging optimal. Ich hatte es in guter Erinnerung, aber fliessendes Gewässer flösst mir einfach Respekt ein. Ah – eine geführte Kanutour auf einem Fluss kommt mir noch in den Sinn – das war vor etwa 14 Jahren im Jura. Auch da hatte ich zuerst ein mulmiges Gefühl, aber auch damals verlief alles super.
Vor ein paar Jahren waren wir mal als Familie mit zwei Gummibooten auf der Aare und erlebten diese Fahrt gut – nur das Holen des Autos nachher war etwas umständlich: mein Mann und ich liessen die Schlauchboote samt Familie in der Badi zurück, bei der wir landeten und fuhren per Bus und Zug zum Ausgangsort zurück. Nur – bis wir per Auto dann wieder bei der Familie waren, vergingen etwa 2 Stunden. Leider befand sich das Portemonnaie der Zurückgelassenen bei uns und so verdursteten und verhungerten die Armen während der Wartezeit fast. Dieses Mal organisierten wir das Ganze anders: wir hatten mit Tobias Götti abgemacht, dass er uns zu unserem Auto zurückbringen werde und anschliessend waren wir bei ihnen zum Grillieren eingeladen. Sie wohnen in der Reussgegend. Vorweg: das hat tiptop geklappt.
Nachdem uns also der heftige Regen in Gisikon nicht aufzuhalten vermochte, beschlossen wir, die Tour in Sins zu starten. Dort angekommen, klarte das Wetter tatsächlich auf. Wir wasserten beim Restaurant Zoll-Huus ein, kritisch beobachtet von einer Familie. Ich kann mir vorstellen, dass diese den Kindern später rieten, sowas ja nie zu wagen. Das Einsteigen war eine wacklige Angelegenheit, aber niemand von uns fiel ins Wasser.
Und dann begann ich mich zu entspannen! Und auch der Kritiker, welche Schlagzeilen über uns befürchtete, begann, die Fahrt zu geniessen. Entgegen meiner Befürchtungen ist die Reuss kein reissender Fluss – jedenfalls nicht auf diesem Abschnitt. Im Gegenteil: das Wasser lässt einen gemütlich dahintreiben. Das Ufer war baumgesäumt.
Teamgeist erforderte das Unterqueren der zwei Brücken bei Mühlau und Rickenbach. Hier hätte unser Team von Punkterichtern bewertet, nicht sehr gut abgeschnitten. Wir haben eindeutig noch Übungsbedarf – aber obwohl wir nicht die goldene Mitte trafen, gelang es uns, den Pfeilern und den gefährlichen Wellen um den Pfeilern herum, erfolgreich auszuweichen. Wir wussten um diese Gefahren – man darf nicht leichtsinnig sein, sondern sollte bei Brücken wirklich aufpassen, dass man schön mittig untendurch fährt. Aber die Brücken sind von Weitem erkennbar und man muss halt frühzeitig in die Mitte des Flusses einspuren.
Wir rechneten mit 2 Stunden Fahrzeit Sins-Rickenbach, waren dann aber erstaunt, bereits nach etwa 1.5 Stunden die Brücke bei Rickenbach zu entdecken. In unserem Gummibootführer, welcher uns einen sehr guten Dienst erwies, war da die Rede von einer „breiten, rechtsufrigen Kiesbank“, bei der man gut aussteigen könne. Diese erwies sich als schmaler, kaum erkennbarer Sandstreifen. Wahrscheinlich führt die Reuss üblicherweise eine viel geringere Wassermenge. Nachdem wir die Brücke Rickenbach mittig unterquerten, stellte es eine ziemlich grosse Herausforderung dar, sofort nach rechts zu paddeln, um diesen Sandstreifen zu erreichen. Glücklicherweise gelang dies sowohl unserem Team, wie dem Schlauchboot, welches unsere Tochter und ihr Freund steuerten.
Von mir aus gesehen, hätte die Tour ruhig länger dauern dürfen. Doch wir hatten eben den Abholdienst abgemacht und unsere Freunde wohnen 5 Autominuten von dieser Ausstiegstelle entfernt.
Im voraus habe ich zu mir selber gesagt, dass ich sowas nur noch einmal mitmachen würde, dann sei ich definitiv zu alt für derartige Abenteuer. Nun, nachdem ich diese Strecke aber selber erlebt habe, kann ich mir gut vorstellen, ein nächstes Mal in Gisikon zu wassern und dieselbe Strecke noch einmal zu geniessen. Aber die Umfahrung des Kleinkraftwerkes in Ottenbach traue ich unserem Team noch nicht zu und von daher werde ich wieder den Ausstieg nach der Rickenbach-Brücke empfehlen.
Wir hatten sowohl Wetterglück, wie auch das Glück, dass wir fast die einzigen an diesem Tag waren, welche sich auf eine solche Tour wagten. Hinter uns fuhr eine Gruppe mit mehreren Booten, aber sie kamen uns nie zu nahe.
An dieser Stelle danke ich Eva und Dudley, dass wir euer supergutes Boot ausleihen durften. Und meiner Familie danke ich, dass sie mich immer wieder zu Abenteuern ermutigen und herausfordern. Es sind jeweils nicht zu gewagte Unternehmungen, mit Risiken, welche sich gut abschätzen und absichern lassen.
Es war ein unvergesslich schönes Erlebnis!
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