Johannes Mairhofer war es, der mich via Twitter auf diese Blogparade aufmerksam machte. Johannes kenne ich von einer Twitteraktion der sogenannten 99 iger Fotografen. (Hat nichts mit den 99iger Jahren zu tun. 😉 ) Eine Woche lang durfte ich einen Wechselaccount von Berufs- und Hobbyfotografen betreuen. Darauf aufmerksam wurde ich durch Sascha, einen Berufsfotografen, den ich durch ein Internetforum kennenlernte. Und schon bin ich mitten im Thema der Blogparade “Was hat das Web dir Gutes gebracht?” 😉

Am einfachsten ist es wohl, ich beginne chronologisch mit meiner Interneterfahrung:

Eine Internetverbindung zuhause begann damals noch mit dem EinwĂ€hlen via Modem und dem damals bekannten zugehörigen GerĂ€usch. Das WWW eröffnete mir eine ganz neue, im wahrsten Sinn des Wortes weltweite Welt. Es gibt in meinem Leben wirklich eine Zeit vor und nach dem Internet. Vor dieser “Zeitwende” beschrĂ€nkten sich meine Kontakte auf meine engere und weitere Familie/Verwandtschaft, Nachbarschaft, Freikirche, Eltern von GspĂ€ndli (Schulkameraden/Freunden) unserer Kinder und ein paar wenigen Brieffreundschaften, denen ich alle paar Wochen oder Monate mal eine Postkarte oder einen handgeschriebenen Brief schickte. Mit dem Internetanschluss öffnete sich meine Welt in einem Augenblick!

Als Erstes schloss ich eine langjÀhrige Freundschaft mit einer Frau, welche mir beruflich in einem PC Spiel weiterhalf. Aus anfÀnglichen kleinen Tipps entwickelte sich eine private Emailfreundschaft, welche spÀter leider im Sand verlief.

Dann entdeckte ich ein gesundheitliches Themenforum, welches mich sehr ansprach, da ich zu jener Zeit unter Depressionen litt. Jeden Tag war ich fortan aktiv bei Depri.ch Die Kontakte in diesem Forum halfen mir zusammen mit einer Selbsthilfegruppe vor Ort, fachlicher Betreuung und Gottes Hilfe schliesslich aus dieser schwierigen Krankheitszeit heraus. Einzelne Kontakte, welche ich ĂŒber Jahre in diesem Forum pflegte, zĂ€hle ich bis heute zu meinem engeren Freundeskreis. Über Facebook, Twitter, Whatsapp, aber auch durch Besuche hĂŒben und drĂŒben bleiben wir eng verbunden. Eine Frau aus Deutschland besuchte mich gar fĂŒr ein paar Tage in der Schweiz.

Meine persönliche Entdeckung von Facebook kam fĂŒr mich im richtigen Moment – nĂ€mlich, als fĂŒr mich der Austausch in jenem Forum nicht mehr so “aktuell” war, weil ich zwar noch Menschen beistehen konnte, diese schwere Zeit aber lieber endgĂŒltig hinter mir lassen wollte. Es war so wohltuend, auf Facebook viele Bekannte aus dem Forum wieder zu finden.

Dann kam das Jahr 2006, in dem ich das sogenannte “Novemberschreiben” entdeckte. Es galt, innerhalb des Monats November eine gewisse Anzahl Wörter zu schreiben – mein erster Roman “Die Liebe ist rot” formte sich und ich gewann die erste virtuelle Goldmedaille. Wichtig war mir der Austausch im Schreibszeneforum und vielleicht tippte ich dort parallel zu meinem Manuskript viel mehr Wörter. Ich lernte Fatima Vidal, Karin Mayerhofer Dobler, die Krimiautorin Ina HallerGerhard Falk (der mich spĂ€ter auch mal besuchte) und viele andere Menschen nicht nur ĂŒbers Web, sondern auch in persönlichen Begegnungen kennen. Einem Mann, den ich vom Depriforum her kannte, gab ich den Tipp, doch beim Novemberschreiben mitzumachen – wo er seine Lebenspartnerin Zora Debrunner kennenlernte – und auch ich bin seither freundschaftlich mit ihnen beiden verbunden. In Fatima Vidals Verlag erschien kĂŒrzlich das Buch “Dieser Moment” mit einem Fotobeitrag von mir drin.

Dieser Moment

Zu Karin pflege ich mittlerweile eine Freundschaft, welche diese Bezeichnung wirklich verdient. Wir besuchen einander hie und da, gehen zusammen an Buchvernissagen, sie stand mir an der Beerdigung meines Vaters bei und besuchte mich an mehreren Konzerten des Chorprojekts EnnetbĂŒrgen. Wir nehmen gegenseitig Anteil am Leben der anderen und das hat sich aus einer “inter-netten Bekanntschaft” so entwickelt. Durch das Schreibszeneforum des Novemberschreibens lernte ich auch Blanca Imboden persönlich kennen, welche noch keine mehrfache Schweizer Bestsellerautorin war, aber schon damals tolle BĂŒcher schrieb.

Manchmal ist man ĂŒbers Web mit jemandem verbunden und hat einen tieferen Austausch, weiss aber gar nicht mehr, wie der Kontakt eigentlich zustande kam. So geschah es mir mit Joe Stalder. Die Sternwarte Kreuzlingen, bei der er sich sehr aktiv engagiert, durften wir als Familie schon zweimal besuchen und Joe persönlich kennenlernen. Ich finde es immer wieder spannend, wenn ich jemanden, den ich bis anhin ausschliesslich ĂŒbers Web kannte, dann endlich mal Auge und Auge gegenĂŒberstehe. So war es bei Joe und so war es auch, als mich viele Internetbekannte an meinem 50 igsten Geburtstag zuhause besuchten und mit mir feierten.

An einem Twittertreffen, organisiert von  Andrea Jerger, welche ich bis anhin auch nur ĂŒber die sozialen Medien kannte, stand ich dann grad mehreren Menschen gegenĂŒber, mit denen ich bis dato nur schriftlich kommunizierte. Wie faszinierend!

Die eingangs erwĂ€hnte Beziehung zu den 99 ig Fotografen brachte mir eine freundschaftliche Beziehung zu mehreren Fotografen in der Schweiz. Einmal organisierte ich deswegen ein kleines 99iger Treffen im Papiliorama Kerzers. Und auch Karsten Socher und Heike lernte ich durch die 99 iger kennen. Sie haben unsere Familie bereits zweimal besucht – einmal waren wir zusammen auf dem VierwaldstĂ€ttersee und einmal unternahmen wir einen Schlittelplausch zusammen. Es darf ruhig zu einer schönen Tradition werden, Karsten und Heike, dass ihr uns jĂ€hrlich besuchen kommt – dann, wenn du beruflich in der CH zu tun hast.

Fast genau heute vor 4 Jahren besuchte mich eine Facebookbekannte. Eine Schweizerin, jetzt wohnhaft in Oesterreich. Immer wenn ich ein Gebetsanliegen habe, ist sie fĂŒr mich da. Danke fĂŒr deine Treue, Myriam! <3

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Das Web hat mir auch geholfen, alte Bekannte wieder zu finden. So wÀre es ohne Internetrecherche undenkbar gewesen, dass ich als Hauptinitiatorin ein Klassentreffen der Primarschule zustande gebracht hÀtte. Mit vielen alten SchulgspÀndli, aber auch anderen Altbekannten, welche ich aus den Augen verloren hatte, bleibe ich nun via Facebook wieder ganz neu verbunden.

Last but not least lernte ich meine neuen Nachbarn zuerst per Zufall ĂŒber eine Tausch- und Verkaufsbörse per Facebook kennen, da ich dort Dinge vor dem Umzug loswerden wollte.

Unter das Thema “Was mir das Web gebracht hat”, gehört aber auch, dass es mich vielleicht etwas abgeklĂ€rter gemacht hat. Ich musste erfahren, wie schnell Freundschaften geschlossen werden  – und wie schnell sie mit einem Klick auch wieder beendet werden können. Es gab da eine Frau, welche ich via Schreibszene kennengelernt hatte. Wir besuchten miteinander ein Musical, einen Weihnachtsmarkt und einander zuhause. Eines Tages stand sie ĂŒberraschend vor der TĂŒre, weil ich mich ĂŒber das triste Wetter und meine Stimmungslage beklagt hatte. Sie brachte mir eine Tageslichtlampe und ich beschenkte sie im Gegenzug mit Bio-FrĂŒchten aus Spanien, welche wir zu dieser Zeit vertrieben. Die Tageslichtlampe hilft mir bis heute ĂŒber trĂŒbe Wochen hinweg. Die Freundschaft aber zerbrach vor ein paar Jahren, weil jene Frau sich in einer meiner Lebenssituationen anders verhalten hĂ€tte als ich es tat. Sie konnte nicht akzeptieren, dass ich ihren Rat nicht beherzigen mochte – und klickte mich weg. Eine andere Frau kommentierte keinen meiner BeitrĂ€ge auf Facebook, Twitter oder hier auf dem Blog, besuchte mich nie, hatte aber scheinbar das GefĂŒhl, wir seien engste Freundinnen. Anders kann ich es mir nicht erklĂ€ren, dass sie tief verletzt war, als ich sie aus dem Grund aus meiner Freundesliste kippte, weil sie mich öffentlich aufgrund einer MeinungsĂ€usserung kritisierte. Allein die Tatsache, dass sie alles mitlas, verband sie wohl mit mir – ohne mir dies aber je mitzuteilen. FĂŒr mich hingegen war sie bloss eine der vielen Bekanntschaften auf Facebook, welche kommen und gehen. Selbst wenn es dort offiziell “Freundesliste” heisst, gehört fĂŒr mich zu einer Freundschaft mehr dazu, als still bei jemandem mitzulesen.

So – Zeit sich wieder Erfreulicherem zuzuwenden: aufs morgige Mittagessen erwarte ich Miriam Schaffner aus Basel, welche ich ĂŒber Facebook kennenlernte. Keine Ahnung mehr wie dieser Kontakt zustande kam. Sie war unter den erwĂ€hnten GeburtstagsgĂ€sten an meinem 50 igsten, ich habe sie auch schon ein paarmal in Basel besucht, als sie als Mitinitiantin von “Basel farbartig verstriggt” FĂ€hren einstrickte und ich diese bewundern ging. Morgen nun besucht sie mich das erste Mal seit unserem Umzug, aber das dritte Mal, seit unserem Kennenlernen und ich freue mich riesig auf sie.

Nachtrag, 6. Juli 2016: es war ein schönes, entspanntes, anregendes Zusammensein mit Miriam. Sie hat mir auf den 50 igsten eine Meerjungfrau geschenkt, welche eine der eingestrickten FĂ€hren in Basel schmĂŒckte und heute gesellten sich ein paar alte Freunde der Meerjungfrau dazu. Von diesem Strickprogramm hatte Miriam per Facebook erfahren. Diese Fabelwesen mit ihren Freundschaften sind also wie ein Symbolbild dieses Blogparadethemas: ohne das Web gĂ€be es sie und ihre “Freundschaften” nicht. 😉

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Aktualisierung im Februar 2023:

Seit einiger Zeit denke ich vermehrt ĂŒber Freundschaften nach.

Ich habe viele Bekannte – ob solche, welche ich im Internet kennenlernte, oder in Freikirchen, im Chorprojekt, Line Dance, Pilates, Nachbarn etc. Eine Freundin, einen Freund, habe ich aber nicht – ausser meinem Mann, der mich treu seit bald 40 Jahren begleitet – durch Hochs und Tiefs. Ich hatte viele depressive Phasen, weil ich mir ĂŒber Jahre, ja Jahrzehnte hinweg, sosehr echte Freunde wĂŒnschte – und sich einfach keine wirklich tiefen Beziehungen bildeten, welche den Namen Freundschaft verdienten.

Was macht fĂŒr mich aber nun den Unterschied zwischen einer guten Bekanntschaft und einer Freundschaft aus? Bekannte kennen sich, fragen hie und da vielleicht sogar, wie es dem anderen geht und besuchen sich, wenn es hoch kommt, einmal im Jahr. Bekannte sind schnell aus dem Leben verschwunden – manchmal ohne Verabschiedung. Nicht mehr alle, welche ich im Ursprungsartikel oben erwĂ€hnte, gehören zu meinem Bekanntenkreis. Ein paar haben sich derart ĂŒber meine Einstellungen zu Covid, dem Gendern, dem Feminismus oder der Klimafrage aufgeregt und mich öffentlich erniedrigt, dass entweder ich mich von ihnen trennte oder sie sich von mir.

Was wĂ€re nun aber eine gute Freundin fĂŒr mich?

Eine Frau (denn einen Mann als tiefen Freund, nebst meinem Mann Andy zu haben, kĂ€me fĂŒr mich nicht in Frage)

  • die sich in öffentlichen Debatten, sei es auf Twitter oder Facebook hinter mich stellt, jedenfalls nicht in den RĂŒcken fĂ€llt. Eine Freundin wĂŒrde mich verteidigen, wenn andere fies ĂŒber mich herfallen, wie es leider ein paarmal geschah. Denn ich habe mittlerweile nicht nur gute Erfahrungen im Internet gemacht. Das hat sich seit dem ersten Beitrag von oben, verĂ€ndert. Einmal wollte eine Schweizer Filmemacherin mich gar vor Gericht zerren, aufgrund eines unbedachten Likes meinerseits. Niemand meiner vielen lieben Bekannten stand mir bei! Und das ist nur eines von vielen schwierigen Erlebnissen, die ich auf social Media durchstand – alleine.
  • die nicht nur von sich erzĂ€hlen möchte, sondern brennend an meinen Gedanken und Erlebnissen interessiert wĂ€re. Wenn wir plaudernd zusammensitzen wĂŒrden, wĂŒrde ihr und mein ErzĂ€hlen in etwa die Waage halten. Es könnte vorkommen, dass die Waage mal in die eine- oder die andere Richtung ausschlĂ€gt, weil die eine Seite fĂŒr einmal mehr Aufmerksamkeit verdient und nötig hĂ€tte – aber ĂŒber die Zeit gesehen, kĂ€men beide in etwa gleich stark zu Wort.
  • die liebend gerne meine Gegenwart, meine Gemeinschaft suchen wĂŒrde. Sie wĂ€re einfach gern mit mir zusammen und ich mit ihr. Wir wĂŒrden gerne Dinge miteinander unternehmen.
  • die mich fördern und unterstĂŒtzen wĂŒrde bei meinen kreativen Ideen, mich besuchen an Kunstausstellungen und mir helfend unter die Arme greifen wĂŒrde, um meine TrĂ€ume zu realisieren. Dies wĂŒrde gegenseitig geschehen – so gut es in unseren zeitlichen und anderen Ressourcen möglich wĂ€re.
  • die da wĂ€re, wenn ich krank bin oder in einer Krise stecke – oder zumindest seelische UnterstĂŒtzung anbietet.

    Und natĂŒrlich wĂŒrde all das in einer Freundschaft gegenseitig passieren.

    DAS wĂ€re eine Freundin, die den Namen verdiente. Alles andere sind gute Bekannte…. Und am Montag dieser Woche kam es, dass ich eine Entscheidung fĂ€llte: es ist gut so. Eine solche Freundin wird es wohl nie geben, da meine AnsprĂŒche vielleicht zu hoch sind. Ich bin zufrieden mit meinem Leben, wie es ist, denn ich habe den besten Freund ever. Meinen geliebten Ehemann. Und ich habe meine Familie, die mich liebt und ich sie. Mitsamt Grosskind, zu der ich hoffentlich mit den Jahren eine freundschaftliche Beziehung aufbauen kann. Seitdem ich diese Entscheidung getroffen habe, geht es mir gut. Ich geniesse das Leben endlich wieder. Und ich brauche nichts anderes (mehr). Sollte sich irgendwann dennoch eine solche Herzensfreundschaft entwickeln, bleibe ich offen dafĂŒr.